Städtische Grünzüge versus kompakte Siedlungsentwicklung? Das Konzept der grünen Finger im Klimawandel

Übersicht über die Grünzüge der Stadt Lindau am Bodensee mit dem angestrebten Wegenetz (aus: Lindau 2030 – Gesamtstädtisches Freiraumkonzept, Stadt Lindau (B), Bearbeitung durch WGF Landschaft GmbH, Nürnberg, April 2016).
(Emily Hehn) Die kompakte Stadtentwicklung galt lange als Ideal, um eine Zersiedelung der umliegenden Landschaft zu vermeiden. Gleichzeitig werden im Zuge des Klimawandels und der Klimaanpassung Grünflächen immer wichtiger, besonders als Frischluftschneisen und zur Wärmeabsenkung. Lindau am Bodensee und Osnabrück zeigen, wie wichtig verzahnte Grünzüge als „grüne Finger“ in einer klimaresilienten Stadt sind.
Immer mehr Städte erleben einen enormen Flächendruck. Bislang galt eine kompakte Siedlungsentwicklung in Städten als ideal, um die umliegende Landschaft zu schonen. In der Stadt Lindau am Bodensee sind aber auch sogenannte Landschaftsfinger fester Bestandteil der Stadtplanung und -entwicklung. Fünf Grünzüge ziehen sich wie Finger radial von außen bis weit ins Stadtinnere hinein. Bereits 2008 wurden die Flächen im Landschaftsplan als wertvolle Freiräume charakterisiert und 2013 zum Teil in den Flächennutzungsplan integriert. In einem Gesamtstädtischen Freiraumkonzept (Teil des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts [ISEK]) hat die Stadt Lindau 2016 die Strukturen, Funktionen und Potenziale der Landschaftsfinger genauer analysiert.
Besonders für das Stadtklima bilden die Landschaftsfinger wichtige Frischluftschneisen. Sie verbinden das Bodenseeufer mit dem Hinterland und verhindern so das Zusammenwachsen des Siedlungsgürtels. Geprägt sind die Flächen vor allem von intensivem Obstbau, Ackerbau und Grünland aber auch von Gehölzen und Auenwäldern in Bachnähe.
Für die Naherholung bieten die Landschaftsfinger großes Potenzial, das in Zukunft über ein verzweigtes Wegenetz besser genutzt werden soll. Ein Hauptziel des Freiflächenkonzeptes ist es, das stark frequentierte Bodenseeufer zu entlasten und das landschaftlich schöne Hinterland zugänglicher und erlebbarer zu machen. Nur durch eine Nutzungs- und Erholungsmöglichkeit wird auch der Lindauer Bevölkerung der Wert der grünen Finger bewusst.
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