11. Netzwerktreffen Renaturierung – Naturschutz zwischen Flut und Dürre: Innovative Ansätze und produktiver Austausch zur Zukunft unserer Feuchtgebiete
(Wolfram Adelmann, Simone Schneider, Bernhard Riehl, Kathrin Kiehl, Johannes Kollmann) Das 11. Treffen des Netzwerks Renaturierung an der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) in Laufen widmete sich in diesem Jahr einem aktuellen Thema. Die zunehmenden Schwankungen im Wasserhaushalt – von extremen Überflutungen bis hin zu anhaltenden Trockenperioden – stellen nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch Naturschutz- und Renaturierungsprojekte vor große Herausforderungen. Passend zum Jahresschwerpunkt der ANL „Naturschutz zwischen Flut und Dürre“ wurden neue Strategien, aktuelle Projekte und wissenschaftliche Erkenntnisse vorgestellt und diskutiert.
Exkursionen als Herzstück des Austauschs
Ein besonderes Highlight des Treffens waren die praxisorientierten Exkursionen an der Salzach, dem deutsch-österreichischen Grenzfluss. Die Teilnehmenden hatten die Gelegenheit, ein abgeschlossenes österreichisches LIFE-Projekt in der Weitwörther Aue zu besichtigen. Auf der motivierenden Exkursion, geleitet durch Bernhard Riehl (Land Salzburg), wurde eindrucksvoll demonstriert, wie durch gezielte Renaturierungsmaßnahmen wertvolle Lebensräume wiederhergestellt werden können. Das zweite Exkursionsgebiet war die Antheringer Au, in der derzeit ein neues Renaturierungsprojekt geplant wird. Hier wurden Planungsprozesse, die Berücksichtigung hydrologischer und ökologischer Aspekte, alternative Renaturierungsverfahren sowie die Einbindung von Interessengruppen konstruktiv diskutiert.
Abgerundet wurden die Exkursionen durch den Besuch der ANL-Forschungsstation Straß unter der Leitung von Katharina Stöckl-Bauer und Lisa Silbernagl (beide ANL). Auf dem 18 Hektar großen Gelände wurden unterschiedliche Formen der Grünlandnutzung besichtigt. Besonders anschaulich war, wie sich die Biberaktivität, wechselnde Wasserstände sowie Sedimentationsprozesse am Schinderbach auf den ökologischen Zustand des Gewässers und das angrenzende Grünland auswirken.
Vielfältige Fachvorträge zu aktuellen Herausforderungen und Lösungsansätzen
Das Vortragsprogramm des Netzwerktreffens zeichnete sich durch ein breites Themenspektrum aus. Renommierte Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis aus ganz Deutschland und Luxemburg präsentierten ihre Projekte und Forschungsergebnisse und luden zum Dialog ein. Die Vorträge sind auf der Webseite des Netzwerks Renaturierung kostenfrei abrufbar: https://renaweb.standortsanalyse.net/veranstaltungen
Zunächst stellten Jan Felix Schneider und Lena Fitzner von der Deutschen Bundestiftung Umwelt (DBU) Naturerbe GmbH das Renaturierungs- und Managementkonzept für Feuchtgebiete vor. Sie zeigten auf, wie durch gezielte Maßnahmen die Biodiversität in diesen sensiblen Lebensräumen gefördert werden kann und welche Rolle das Wassermanagement dabei spielt. Hauke Schneider vom BUND Diepholzer Moorniederung berichtete über die Erhaltung von Calthion-Grünland im Rahmen des Wiesenvogelschutzes am Beispiel der Bleckriede in der Diepholzer Moorniederung. Ralf Worm vom Landratsamt Ostalbkreis präsentierte innovative Ansätze zu Hochwasserrückhalt, Grundwasseranhebung und Niedrigwasserbündelung durch durchdachte Renaturierung. Simone Schneider vom Naturschutzsyndikat SICONA gab einen eindrucksvollen Überblick über die Wiederherstellung von Feuchtgebieten in Luxemburg, darunter Stillgewässer, Bäche und Feuchtwiesen.
Nina Fahs (Masaryk University, Brno) und Burghard Wittig (Naturschutzstation Wümme) berichteten über das Projekt „Auengrünland an der Mittleren Wümme“. Sie erläuterten, wie durch naturnahe Bewirtschaftung und gezielte Pflege artenreiche Auenlandschaften erhalten und entwickelt werden können. Johanna Weidendorfer vom Aueninstitut Neuburg-Ingolstadt gewährte Einblicke in das EU Horizon-Projekt Restore4Life, das sich der Wiederherstellung von Feuchtgebieten in Europa widmet. Ihr Vortrag unterstrich die Bedeutung des Wissenstransfers über Ländergrenzen hinweg. Barbara Stammel (Aueninstitut Neuburg-Ingolstadt) referierte über die ausgleichende Wirkung ökologischer Flutungen am Beispiel des Donau-Auwaldes bei Neuburg. Sie zeigte, wie gezielte Flutungen dazu beitragen können, den ökologischen Zustand von Auenwäldern zu verbessern.
Schließlich stellte Kathrin Kiehl (Hochschule Osnabrück) das neue Projekt „Blütenvielfalt – Regionale Wildpflanzen für artenreiches Grünland“ vor. Dabei betonte sie die Bedeutung des Wissenstransfers für die Anwendung von gebietseigenen Wildpflanzenmischungen, um Grünlandflächen neu anzulegen oder naturschutzfachlich aufzuwerten. Pascal Scholz (Hochschule Anhalt) präsentierte unter dem Arbeitstitel „Hayn – ein Versuch zur Vereinbarkeit von Naturschutz und landwirtschaftlicher Grünlandnutzung“ Ergebnisse eines wissenschaftlichen Versuchs, mit zahlreichen Varianten der Nutzungsintensitäten zur Ermittlung von Lösungen für eine nachhaltige Nutzung. Johannes Kollmann (TU München) thematisierte am Beispiel des Wassergreiskrauts den Umgang mit unerwünschten Arten im Feuchtgrünland. Sein Beitrag zeigte, wie wichtig ein gezieltes Management invasiver Arten für die Erhaltung der Biodiversität ist.
Ausblick und Vernetzung
Ein Ausblick auf eines der nächsten Netzwerktreffen im Jahr 2026 in Norddeutschland mit dem Schwerpunkt „Küste und Helgoland“, vorgestellt von Bernadette Pogoda (Alfred-Wegener-Institut), machte Lust auf weitere Begegnungen. Auch zum nächsten Netzwerktreffen im September 2025 in Lenzen zum Thema Deichrückverlegung wurde eingeladen.
Wie bei allen bisherigen Netzwerktreffen stand auch diesmal bei den 45 Teilnehmenden der persönliche Austausch und die Vernetzung im Mittelpunkt. Die offene und konstruktive Atmosphäre trug dazu bei, dass Lösungen zum Umgang mit der Wasserproblematik in Naturschutz und Renaturierung diskutiert werden konnten.
Alle an der „Renaturierung von Ökosystemen“ interessierten Menschen sind herzlich willkommen, dem Netzwerk Renaturierung kostenfrei beizutreten: https://renaweb.standortsanalyse.net/das-netzwerk-renaturierung
Autorinnen und Autoren
Dr. Wolfram Adelmann, ANL, wolfram.adelmann@anl.bayern.de
Dr. Simone Schneider, SICONA Luxemburg, simone.schneider@sicona.lu
Bernhard Riehl, Land Salzburg, bernhard.riehl@salzburg.gv.at
Prof. Dr. Kathrin Kiehl, Hochschule Osnabrück, k.kiehl@hs-osnabrueck.de
Prof. Dr. Johannes Kollmann, Technische Universität München, johannes.kollmann@tum.de
Wolfram Adelmann, Simone Schneider, Bernhard Riehl, Kathrin Kiehl, Johannes Kollmann (2026): 11. Netzwerktreffen Renaturierung – Naturschutz zwischen Flut und Dürre: Innovative Ansätze und produktiver Austausch zur Zukunft unserer Feuchtgebiete. – Anliegen Natur 48/1; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/netzwerktreffen-renaturierung/.