Weidetiere senken das Risiko für Borreliose-Infektionen deutlich
(MO) In Deutschland erkranken jedes Jahr mehrere hunderttausend Menschen an der Lyme-Borreliose. Gegen das tückische Leiden, das vom Gemeinen Holzbock übertragen wird, gibt es bislang keinen Impfstoff. Daher kommt der Vorbeugung von Infektionen eine entscheidende Rolle zu. Feldstudien belegen: Eine extensive Beweidung durch Ziegen, Schafe oder Rinder kann die Durchseuchung der Zecken und damit auch das Infektionsrisiko für den Menschen deutlich senken.
Zeckenbisse an sich sind harmlos. Gesundheitliche Folgen haben sie erst dann, wenn die Blutsauger von Krankheits-Erregern befallen sind und diese an Menschen oder Tiere weitergeben. Als Wirt ist dem Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) fast jedes Wirbeltier recht, das ihm über den Weg läuft. Nicht so den Borrelien: In einigen Arten – zum Beispiel in Mäusen, Ratten, Vögeln und Eidechsen – vermehren sie sich gut. In Ziegen, Schafen, Rindern und in wild lebenden Wiederkäuern wie Rehen und Hirschen gehen sie dagegen ein. Daher kann allein die Anwesenheit von Huftieren den Anteil infizierter Zecken drastisch senken. Das belegt eine Feldstudie im UNESCO-Biosphärenreservat Pfälzerwald-Vosges du Nord. Dort hatten die Berliner Parasitologen Dr. Dania Richter und Prof. Franz-Rainer Matuschka die Durchseuchungsraten von Zecken untersucht. Ergebnis: Wo Rinder grasten, waren sechsmal weniger Jugendstadien und viermal weniger ausgewachsene Holzböcke mit Borrelien infiziert als auf unbeweideten Flächen.
Doch es kommt noch besser: Bereits befallene Zecken verlieren ihre Erreger, sobald sie an Huftieren gesaugt haben und sind danach nicht mehr ansteckend. Dieses Phänomen hatte Matuschka schon Anfang der 1990er-Jahre an Hirschen beobachtet, später fand sein Team denselben Effekt auch bei Rindern und Ziegen. „Die Zecken saugen sich voll, fallen vom Wirt ab, entwickeln sich zum nächsten Stadium und sind nicht mehr infektiös. Wiederkäuer wirken auf sie wie natürliche Desinfektionsmittel“, erläutert Dania Richter. Fünf Jahre lang hatte die Biologin in Baden-Württemberg fast 43.000 Zecken gesammelt und auf Borrelien getestet. Die Blutsauger stammten von 50 verschiedenen Testflächen, darunter Waldränder und Wiesen mit oder ohne Beweidung, mit gutem oder schlechtem Müll-Management oder mit unterschiedlichen Mahd- und Mulchregimen.