Bäume und Sträucher gegen Fluten: bekannte Multitalente je nach Kontext
(Sonja Hölzl) Bäume und Sträucher erhalten Aufmerksamkeit nicht nur für ihre Kühlungswirkung bei Hitze und Trockenheit, sondern auch vermehrt für ihre Ökosystemdienstleistungen bei Starkregen- und Flutereignissen. Was Baumpflanzungen und weitere naturbasierte Lösungen sowohl für den Wasser- als auch für den Naturhaushalt bewirken, betrachten nun Forschende in einem niederschlagsreichen Wassereinzugsgebiet in Großbritannien.
Wir erkennen Bäume schon länger für ihre Ökosystemdienstleistungen an, etwa die Luft zu filtern und zu kühlen oder weil sie einen wertvollen Lebensraum darstellen. Nun wird eine weitere Funktion prominent: ihre Schutzleistungen gegenüber Fluten. Bäume leisten einen Beitrag, indem ihre Wurzeln Regenwasser in tiefere Bodenschichten leiten und auch aufnehmen, den Oberboden stabilisieren und so Erosion vorbeugen und Abfluss verringern sowie blattreiche Kronen bereits Regenfall verlangsamen.
Das machen sich jetzt Forschende in einem Projekt der Universität Plymouth zunutze, die nach der Miyawaki-Methode einheimische Bäume wie Eichen, Moorbirken, Weißdorn und Weiden im Dartmoor pflanzen, um die Waldweiden des Gebiets wiederzubeleben (UNIVERSITY OF PLYMOUTH 2025). Mit der Miyawaki-Methode werden viele verschiedene einheimische Arten dicht nebeneinander gepflanzt, um ein vielschichtiges Waldökosystem zu imitieren. Bisher wurden die „Miyawaki-Wälder“ oder „tiny forests“ mit ihrem Potenzial für Ökosystemdienstleistungen vor allem für den städtischen Kontext als wertvoll erachtet und das Konzept fand für Naturräume eher wenig Beachtung (QI et al. 2024). Das ändert sich nun: Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet, um die Fähigkeit solcher wiederhergestellter Waldflächen (im Sinne eines Regenwaldes in gemäßigten Klimazonen) und ihren Beitrag für den Hochwasserschutz, die Artenvielfalt und den Kohlenstoffgehalt im Boden beziehungsweise als Lebensraum zu untersuchen. Für das Projekt werden daher konkret Flächen in unterschiedlicher Dichte bepflanzt und zum Teil ausgezäunt. In früheren Untersuchungen wurden ebenfalls im Dartmoor die Effekte von neu gepflanzten einheimischen Gehölzen auf Wasser- und Bodenverhältnisse betrachtet. Innerhalb der ersten sieben bis 15 Jahre trugen die Gehölze dazu bei, dass sich die Bodenverdichtung reduzierte und die Wasserhaltefähigkeit der Böden verbesserte (MURPHY et al. 2021).
FENNELL et al. (2023) stellten für ein Untersuchungsgebiet in Schottland im Vergleich mit Gewässerrandstreifen oder Versickerungsstreifen (Querbepflanzung von Hängen, 20 kleine Einheiten zu insgesamt 40m³) fest, dass Bäume und Sträucher (10 Hektar-Pflanzung) vor allem positiv auf die Wasserhaltefähigkeit des Bodens wirken und somit insbesondere mittlere bis intensive Fluten verhindern. Bei geringem Wasserfluss waren die Vergleichsmaßnahmen effektiver, da sie den Wasserfluss besser reduzierten und gleichzeitig die Grundwassererneuerung unterstützen. In einer Kosten-Nutzen-Analyse verglichen sie allerdings nur den heutigen finanziellen Wert aus Produktionssicht (inklusive Produktionsausfälle durch die Überflutungen), jedoch ohne Blick auf soziale oder Umwelt-Effekte.
DITTRICH et al. (2019) verglichen ebenfalls in einer Kosten-Nutzen-Analyse vorrangig die Ökosystemdienstleistungen (Flutregulierung sowie weitere regulierende und kulturelle Leistungen) solcher Baumpflanzungen und ihrer Aufforstungskosten unter den projizierten Klimabedingungen bis 2080. Für alle Arten der Aufforstung (Auenwald, Laubgehölze in Anteilen zu 30 %, 64 % und 100 % sowie in Kombination mit Auenwald) stellten die Autoren einen positiven Nutzen fest, der zudem mit dem Grad der Aufforstung und Flutfrequenz zunimmt. Dies galt allerdings nur, wenn alle Ökosystemdienstleistungen einbezogen wurden, die Flutregulierung alleine wies nicht in allen Fällen eine positive Bilanz auf. Meist widmen sich Analysen von naturbasierten Lösungen jedoch nicht allen Potenzialen (Flut, Trockenheit, Biodiversität), weswegen PENNING et al. (2023) eine solche integrierte Betrachtung aufzeigen: Bewertung der Funktion, die primär von Interesse ist, Abwägung von Trade-Offs und Begleitnutzen (Finanzielles, menschliche Gesundheit), Kontextfaktoren wie soziale Akzeptanz als Basis für eine Strategie von Einzelmaßnahmen auf Landschaftsebene.
Auch wenn also noch nicht alle Effekte erforscht sind, so deutet sich doch an, dass Bäume und Sträucher vielfältigen Nutzen mitbringen und je nach Zielsetzung und Umweltbedingungen entsprechend geplant werden können.
Literatur
DITTRICH, R., BALL, T., WREFORD, A. et al. (2019): A cost-benefit analysis of afforestation as a climate change adaptation measure to reduce flood risk. – Journal of Flood Risk Management 12(4): e12482.
FENNELL, J., SOULSBY, C., WILKINSON, M. E. et al. (2023): Time variable effectiveness and cost-benefits of different nature-based solution types and design for drought and flood management. – Nature-Based Solutions 3: 100050.
MURPHY, T. R., HANLEY, M. E., ELLIS, J. S. et al. (2021): Native woodland establishment improves soil hydrological functioning in UK upland pastoral catchments. – Land Degradation & Development 32(2): 1034–1045.
PENNING, E., BURGOS, R. P., MENS, M. et al. (2023): Nature-based solutions for floods AND droughts AND biodiversity: Do we have sufficient proof of their functioning? – Cambridge Prisms: Water 1: e11.
QI, H., DEMPSEY, N. & CAMERON, R. (2024): Seeing the forest for the trees? An exploration of the Miyawaki forest method in the UK. – Arboricultural Journal 46(4), Taylor & Francis: 292–304.
UNIVERSITY OF PLYMOUTH (2025): University works on pioneering tree planting approach aiming to boost flood resilience and restore nature. – University of Plymouth, Retrieved 11.03.2025, from www.plymouth.ac.uk/news/university-works-on-pioneering-tree-planting-approach-aiming-to-boost-flood-resilience-and-restore-nature (abgerufen am 15.05.2025).
Autorin
Sonja Hölzl
Bayerische Akademie für Naturschutz
und Landschaftspflege (ANL)
sonja.hoelzl@anl.bayern.de
+49 8682 8963-75
Sonja Hölzl (2025): Bäume und Sträucher gegen Fluten: bekannte Multitalente je nach Kontext. – Anliegen Natur 47/2; www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/meldungen/wordpress/baeume-gegen-fluten/.